Zurück zur Schule – wie das Schlafen nach den Sommerferien wieder klappt

Zurück zur Schule – wie das Schlafen nach den Sommerferien wieder klappt

 

Ich werde jetzt einfach mal offen und ehrlich mit Euch sein. Und keine Angst, ich werde nicht darüber urteilen, was in den letzten paar Monaten bei euch schlaftechnisch evtl. weniger optimal gelaufen sein könnte …

Als Schlafberaterin für Kinder, denkt ihr jetzt wahrscheinlich, dass ich euch wegen der späteren Schlafenszeiten im Sommerurlaub, der nicht durchgesetzten „Regeln“, den inkonsequenten Tagesabläufen, etc. an den Pranger stellen werde…

Das werde ich aber nicht tun, denn ich kann Euch sehr gut verstehen, wirklich.

Ich bin selbst Mutter und weiß, wie kostbar diese Sommermonate für die ganze Familie sind.

Ihr möchtet jede Minute des Tages (und des Abends) mit Familie und Freunden verbringen ohne ständig mit schlechtem Gewissen auf die Uhr schauen zu müssen und zu denken: eigentlich müsste das Kind schon längst im Bett sein.

Wenn wir die Wahl hätten zwischen konsequent einzuhaltenden Schlafenszeiten und dem gemütlichen Beisammensein bis spät in die Nacht – na klar, da müssten wir nicht lange nachdenken was die angenehmere Alternative ist!

Egal wie es in den Sommerferien gelaufen ist, es ist ok wenn alle gemeinsam Spaß hatten und den Sommer geniessen konnten.

Die Aufgabe besteht nun darin Euer Kind wieder auf Kurs zu bringen damit es am Tag vor der Rückkehr in die Schule zu einer angemessenen Uhrzeit wieder einschlafen kann.

 

Also, da wir alle im gleichen Boot sitzen, lest einfach mal weiter…

 

Nun lasst uns mal gemeinsam lösungsorientiert schauen was man hätte besser machen können und dann gemeinsam darüber sprechen, wie wir den Tages ,-bzw. Nachtrhythmus Eures Kindes wieder in richtige Bahnen lenken können.

 

1. Legt eine Schlafenszeit fest und haltet euch daran.

Das Wichtigste also zuerst: Wann sollen Eure Kinder ins Bett gehen?

Viele Eltern mit denen ich arbeite, sind überrascht wenn sie hören, dass ich eine Zeit zwischen 19:00 und 20:00 Uhr abends empfehle. Sie sind noch überraschter, wenn ich ihnen dann vorschlage, dass sie diese Schlafenszeit beibehalten sollten bis ihr Kind etwa 12 Jahre alt ist.

Es gibt zwei Gründe warum ich denke, dass Kinder zu dieser Zeit im Bett sein sollten, und damit meine ich, um 20.00 Uhr abends bereits schlafen sollten.

 

  • Schulkinder brauchen mindestens 10 bis 11 Stunden Schlaf pro Nacht.

(1-2 Stunden zusätzlich wären nicht verkehrt)

Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die meisten Eltern das Schlafbedürfnis ihres Kindes unterschätzen. Mein 6-jähriger und mein 3-jähriger (macht immer noch 1x Mittagsschlaf) brauchen beide noch 12 Stunden nächtlichen Schlaf.

Das klingt viel, vor allem wenn die Kinder Eurer Freunde und Nachbarn zu dieser Zeit oder später noch herum toben und noch lange nicht ins Bett gehen müssen.

Ich weiß wovon ich rede – ich bin eine deutsche Schlafberaterin und wohne in Spanien!

Bestimmt bin ich für viele spanische Eltern die e „streng“ und auch etwas „spezielle“ Mama, bei der die Kinder um spätestens 19 Uhr zu Abend essen und um 20 Uhr in ihrem Bett liegen, und zwar schlafend 😉.

Das stört mich jedoch wenig, denn das Wohlergehen meiner Kinder hat für mich Priorität. So sind sie viel ausgeglichener, glücklicher und vor allem gesünder.

Um die beste Schlafenszeit für euer Kind herauszufinden, zählt einfach von der Uhrzeit, an der es morgens aufstehen muss, die notwenigen Schlafstunden die es braucht zurück. Z.B. Muss euer Kind spätestens um 07:00 morgens aufstehen, und es sollte mindestens 11 Stunden Schlafen, dann kommen wir auf eine Bettzeit von 20:00. Das heisst die Gute-Nacht-Routine sollte ca. 30 Minuten vorher anfangen.

Berücksichtigt auch die Zeit, die es braucht um einzuschlafen,  sowie die unvermeidliche Frage des Kindes nach einem Glas Wasser oder dem ganz plötzlichen Bedürfnis nochmal unbedingt auf die Toilette gehen zu müssen, obwohl es kurz vorher erst war 😉  Wir Alle kennen diese kleinen Tricks unserer Kinder, nicht wahr?

Vergesst nicht, dass wir alle einen zirkadianen Rhythmus bzw. eine Bio-Uhr haben, die vorgibt, wann die beste Zeit zum Schlafen ist. Dieses Timing wird als Schlaffenster bezeichnet. Wenn Ihr es schafft, euer Kind dann ins Bett zu legen, wird es viel leichter und entspannter einschlafen.

 

  • Ihr als Eltern/Elternteil braucht auch mal ein paar Stunden am Tag ohne Kinder!

Ihr müsst und sollt in der Lage sein auch mal abzuschalten. TV schauen (und damit meine ich nicht nur Peppa Pig und Paw Patrol), Schokolade essen ohne „Heimlichtuerei“- einfach nur Erwachsenen-Dinge tun zu können und die Batterien als Eltern wieder aufzuladen. Es ist wichtig für die Beziehung zum Partner UND zu euren Kindern!

Da wir jetzt wissen WANN unsere Kinder im Bett sein sollten, kommen wir zur wesentlich schwierigeren Frage, WIE?

 

2. Wartet bitte nicht bis kurz vor Schulbeginn!

Ich hoffe ihr lest diesen Blog noch früh genug und habt noch ein bisschen Zeit die innere Uhr Eures Kindes wieder auf den notwendigen und gesunden Alltagsschlaf einzustellen.

Sollte Euer Kind während der Urlaubszeit größtenteils erst gegen 21 oder sogar 22 Uhr ins  Bett gegangen sein, versucht die Schlafenszeit um 15/20 min vorzuziehen und zwar alle paar Tage, solange bis wieder die normale Schlafenszeit von 20 Uhr oder früher erreicht ist.

Wenn dies bedeutet, dass man dazu kleine „Helfer“ braucht, z.b  einer kleinen Lampe mit Zeitschaltuhr, die dann entwerder ausgeht wenn wenn Schlafenszeit ist und wieder aufläuchtet wenn Aufstehzeit ist, dann ist das völlig in Ordnung. Das Kind braucht eine Orientierung, etwas Visuelles um sich den vorgegebenen Umständen anzupassen.

Ich persönlich liebe und benutze einen Wecker, der den Sonnenaufgang simuliert, denn gerade während der trüben und dunklen Herbst und Winterzeit die uns bevorsteht, hilft er sehr morgens leichter aufzustehen.

 

3. Legt eine Zubettgeh-Routine fest

Wenn ihr vor eurem Sommerurlaub schon eine funktionierende Routine hattet, dann versucht diese soweit wie möglich wieder ins Leben zu rufen. Vertrautes wird eurem Kind definitiv dabei helfen sich schneller und mit weniger Widerstand in den Zeitplan einzufinden, als etwas Neues auszuprobieren.

Sollte dies jedoch der erste Versuch sein eine Abendroutine einzuführen, dann lasst mich betonen um wieviel einfacher eine sich wiederholende, vorhersehbare Schlafroutine das Leben machen kann.

Wenn Körper und Gehirn deines Kindes anfangen Dinge wie Baden, Geschichten vorlesen, Zähneputzen und Schlafanzug anziehen mit dem Zubettgehen zu assoziieren – alles in der gleichen Reihenfolge jede Nacht zur gleichen Zeit – wird die Melatoninproduktion angeregt, und dadurch das Einschlafen und Durchschlafen erleichtert.

Ich kann euch eine Schlafroutine nur dringend ans Herz legen!!!

 

Hier kommt ein zusätzlicher Tipp für die Routine : Verwendet auch schon bei der Routine einen Timer.

Dinge wie Baden und Geschichten erzählen machen sehr viel Spaß. Daher besteht die Gefahr, dass euer Kind versucht, mehr Zeit in der Wanne rauszuschinden oder eine extra Geschichte rauszuhandeln.

Wenn ihr ständig den „Spielverderber“ spielen müsst, kann ein Timer euer bester Freund sein, um die Dinge im Zeitplan zu halten. So albern das auch klingen mag, der Timer nimmt euch die „Schuld“, denn nun ist er der „Schuldige“ 😉.  Mama würde man ganz sicher versuchen zu überreden, aber der Timer lässt nicht mit sich verhandeln.

 

4. Schaltet die Bildschirme unbedingt aus

Zusammen mit dem geringeren Widerstand im Sommer bezüglich Schlafenszeit, neigen wir dazu, unsere Prinzipien hinsichtlich Fernsehen, Videospiele oder ähnlichem, in den Stunden vor dem Zubettgehen über Bord zu werfen. Es gibt schließlich keine Hausaufgaben zu machen, also bietet sich jetzt mehr Spielraum für eine zusätzliche Episode Teen Titans.

Das Heimtückische an jeglicher Art von Bildschirmen ist:  egal ob es sich um Telefone, Fernseher, Computer oder Tablets handelt, sie geben eine enorme Menge blaues Licht ab. Unser Gehirn verbindet blaues Licht mit Sonnenschein und somit Tageslicht. Und so denk die Innere Uhr, dass es nun doch nicht Abends ist, sondern Mittags und alle Schlafprozesse müssen gestoppt werden. Bildschirme können vor dem Schlafengehen tatsächlich den unerwünschten Effekt haben, das inner System deines Kindes wieder hochzufahren, obwohl es runtergefahren werden sollte.

Versucht mindestens zwei Stunden vor dem Schlafengehen jegliche Bildschirmzeit zu vermeiden. Ganz nebenbei gilt dies auch für Erwachsene. Wenn Ihr also nachts Probleme beim Einschlafen habt, versucht zu lesen, anstatt fernzusehen.

 

5. Dunkles Schlafzimmer

Wenn wir schon beim Thema Licht sind. Die Nordlichter unter Euch haben bestimmt schon festgestellt, dass es erst deutlich später als 20.00 Uhr dunkel wird. Das Einzige, was das Sonnenlicht besser simuliert als ein Fernsehbildschirm ist … ihr wisst vielleicht was jetzt kommt…echtes Sonnenlicht.

Wenn das Schlafzimmer deines Kindes noch sehr hell ist, wenn es ins Bett gehen soll, dann empfehle ich unbedingt in Verdunkelungsrollos zu investieren. Es muss nichts Besonderes oder Teures sein. Bei Amazon gibt es relativ günstige Jalousien zu kaufen oder sogar eine sogenannte nicht klebende Fensterfolie. Diese besteht aus zuschneidbarem Kunststoff die ihr passgenau auf das Fenster kleben könnt. Wenn euch Optik wichtig ist und ihr bereit seid etwas mehr Geld auszugeben, gibt es alternativ zu schwarzen Rollos auch noch viele andere Farboptionen, die das Licht gut abblocken. Was auch immer euch besser gefällt, Ziel ist, dass kein Tageslicht in das Schlafzimmer scheint – weder beim zu Bett gehen, weder am frühen Morgen. Es wird einen großen Unterschied machen, versprochen!

 

Noche eine Sache zum Schluss…

Wenn ihr die Zubettgehzeit eures Kindes etwas aus den Augen verloren habt , kann es sein das euer Kind plötzlich ganz genau „hinschaut“ und nun wie ein perfekter kleiner Anwalt um jede Minute länger wach zubleiben kämpft, und anfängt zu diskutieren. Diese “Vehandlungen”, werdet ihr wahrscheinlich mindestens noch ein paar Tage und möglicherweise die nächsten acht bis zehn Jahre aushalten müssen 😉

Zum Glück ist Elternsein keine Demokratie und Mama und Papa dürfen noch gewisse Regeln aufstellen die notwendig und wichtig für das Kind sind.

Gebt dem Druck nicht nach, denn wie ich bereits sagte, wird eine eher frühe Schlafzeit noch eine ganz Weile bleiben. Je eher dies als Normalität akzeptiert wird und der Sommerurlaub als besondere Ausnahme gesehen wird, desto einfacher wird das ganze Thema für Dich und Dein Kind werden.

So liebe Eltern , ich hoffe ihr habt verstanden worum es geht und wie wichtig das Thema für euch als Familie sein sollte.

Ich hoffe ihr hattet wunderschöne Sommerferien und seid nun voller Vorfreude auf den baldigen Schulstart.

Ich kann euch versprechen, egal in welche Klasse euer Kind geht, es gibt nichts Wertvolleres als mit einer positiven Einstellung in das neue Schuljahr zu starten. Sie sind glücklicher (1), kontaktfreudiger (2) und lernbereit (3).

Um dies zu erreichen braucht Dein Kind erholsamen und ausreichend Schlaf der wiederum die Lernbereitschaft und Kontaktfreudigkeit fördert.

Wenn euer Kind zum ersten Mal in die Schule (oder auch in den Kindergarten) kommt, dann lasst mich euch von den schönen und ruhigeren Tagen vorschwärmen, die jetzt vor euch liegen 😉 (Natürlich, nachdem Ihr den anfänglichen Herzschmerz überwunden habt.)

 

p.s. Sollte das mit dem Schlafen nun doch nicht so klappen, dann wisst Ihr wo Ihr mich finden könnt.

Schreibt mir einfach ganz unverbindlich eine E-Mail: info@thesleepingbabyproject.com 

Ich helfe gerne!

Ich wünsche euch alles Gute und glückliche, gesunde und schlafende Kinder.

Eure Jessica

 

(1) Jennifer L. Vriend, PhD Fiona D. Davidson, MA Penny V. Corkum, PhD Benjamin Rusak, PhD, FRSC Christine T. Chambers, PhD Elizabeth N. McLaughlin, PhD (2013) Manipulating Sleep Duration Alters Emotional Functioning and Cognitive Performance in Children – Journal of Pediatric Psychology, Volume 38, Issue 10, 1 November 2013, Pages 1058–1069, https://doi.org/10.1093/jpepsy/jst033

(2) Mindell J, Lee C, Goh D, Leichman E, Rotella K (2017). Sleep and Social-Emotional Development in Infants and Toddlers. Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology 46:2, 236-246, DOI: 10.1080/15374416.2016.1188701

(3) Sleep efficiency (but not sleep duration) of healthy school-age children is associated with grades in math and languages – Gruber, Reut et al. Sleep Medicine , Volume 15 , Issue 12 , 1517 – 1525

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